Wir hatten ursprünglich geplant, von Langkawi mit dem Boot nach George Town zu fahren. Da die Gewitter auf Langkawi oftmals sehr heftig waren und viele Reisende in Blogs von unruhigen Überfahrten berichteten, entschieden wir uns für den Flug, der sage und schreibe nur 45 Minuten dauerte. Wir hatten etwas Bedenken, da dies unser erster Flug mit Air Asia war und es sich um eine Billigairline handelte. Aber weit gefehlt, der Flug war extrem angenehm, so viel Beinfreiheit hatten wir noch nie auf einem Flug. Als wir im Hotel in Georg Town ankamen, mussten wir bis zum Einchecken noch bis 15 Uhr warten. Leider war es gerade mal 13 Uhr und wir mussten die Zeit verschwitzt wie wir waren irgendwie überbrücken. Etwas verärgert über das ungewöhnlich späte Einchecken verbrachten wir die Wartezeit in dem angegliederten Restaurant. Da Geduld nicht gerade unsere Stärke ist, fragten wir jede halbe Stunde an der Rezeption nach, ob wir vielleicht doch schon früher ins Zimmer könnten, aber letztendlich checkten wir um 14:59 Uhr ein. Das Zimmer war sehr schön und hatte alles, was wir brauchten, unser Ärger war schnell vergessen.
George Town ist die Hauptstadt der malaysischen Insel Penang. Sie liegt im Nordwesten von Malaysia und hat circa 200.000 Einwohner. Die Stadt war einst ein wichtiger Handelsplatz an der Straße von Malakka, eine der am stärksten befahrenen Wasserstraße der Welt. Im Jahre 1786 kamen die ersten Inder in die Stadt, gefolgt von den Chinesen. Anschließend kamen die Portugiesen, die Niederländer und zum Schluss die Briten. Die Stadt ist geprägt von Bauwerken aus der britischen Kolonialzeit, chinesischen Geschäfts- und Wohnhäusern sowie Tempeln, Moscheen und Kirchen. Seit 2008 gehört die Altstadt von George Town wegen ihrer ethnischen Vielfalt und kulturellen Variation zum Unesco-Welterbe. George Town ist vor allem bekannt wegen seiner außergewöhnlichen Street Art. Viele der Kunstwerke stammen von dem Litauer Ernest Zacharevic, die er anlässlich des George Town Kultur Festivals 2012 kreierte und dafür weltweite Anerkennung erhielt. Neben den berühmten Wandgemälden von Ernest Zacharevic findet man auch überall in der Altstadt Illustrationen aus geschweißtem Metall, die humorvolle Anekdoten über George Town und seine Geschichte erzählen. Sie sind das Ergebnis eines internationalen Wettbewerbes, der 2009 in Auftrag gegeben wurde, um die Straßen von George Town noch ansprechender für Besucher zu gestalten.
Nach der üblichen Prozedur, Rucksäcke entleeren und Klamotten verstauen, war ein erster Spaziergang in die Altstadt ein MUSS. Nach nur wenigen Minuten befanden wir uns bereits in den bekannten Gassen der Altstadt, die Lage unseres Hotels war also perfekt. Unser erste Eindruck von der Stadt lässt sich schwer beschreiben. Wir schlenderten durch die Altstadt, vorbei an kleinen Cafés, Restaurants und Souvenirläden und trafen unendlich viele chinesische Touristen, die in Scharen zu den Sehenswürdigkeiten gebracht wurden und uns permanent den Weg versperrten. Wir müssen allerdings dazu sagen, dass wir am Tag der Anreise immer etwas ungnädig sind. Um den Trubel zu entfliehen, wichen wir auf Straßen aus, die nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt waren. Wir fanden die Stadt schön, aber der Anblick der vielen Häuser, die dem Verfall überlassen werden trübten insbesondere meinen ersten Eindruck von der Stadt. Neben den vielen bunten Gebäuden und Dekorationen wirkten diese zerfallenen grauen Häuser eher trostlos. Aber dieser Eindruck sollte sich schnell ändern, denn mit jeder Minute länger in der Stadt verliebte ich mich mehr in sie. Die Tatsache, dass hier Christen, Muslime, Hindus und Chinesen wohnen und sich gegenseitig respektieren, faszinierte uns sehr. Auf bewundernde und vorbildliche Weise zeigt George Town, wie gut das Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen funktionieren kann. Chinesische Pagoden, indische Tempel, christliche Kirchen und Moscheen sind in gleichem Maße in der Stadt zu finden und so manches Mal stehen sie sogar nebeneinander. Diese kunterbunte Mischung hat uns unglaublich gut gefallen. Wir tauchten ein, in die farbenprächtige, multikulturelle Stadt George Town.
Am nächsten Tag, ausgeschlafen und frisch gestärkt, machten wir uns nach dem Frühstück auf den Weg in die Altstadt, in der Hoffnung, dass die chinesischen Busladungen noch nicht unterwegs waren. Wir wollten uns George Town mal genauer ansehen und standen nach wenigen Minuten inmitten der bunten, lebendigen, abwechslungsreichen und charmanten Straßen der Altstadt. Wir schlenderten durch die Straßen und tauchten ein in eine andere Welt. Die alten Fassaden der Häuser wären wahrscheinlich in anderen Städten längst renoviert worden, hier versprühen sie einen ganz besonderen Charme. Die Straßen waren bunt und wie selbstverständlich wurde das Straßenbild geprägt von farbenfrohen Fahrradrikschas, die in jeder Straße vereinzelt oder aufgereiht auf ihre Fahrgäste warteten. Für uns kamen diese nicht als Fortbewegungsmittel in Frage, da wir zu Fuß schneller unterwegs waren als die meist älteren Herren auf ihren Rädern. Die Garküchen am Straßenrand, die ihr köstliches Essen auf der Straße verkauften, die Hawker-Center, die mit einer großen Auswahl von unterschiedlichster Küche glänzten, die süßen Cafés, die zum Verweilen einluden und die kleinen Restaurants, mit den für Asien typischen Plastikstühlen, ließen unsere Herzen höher schlagen. Verhungern konnten wir in dieser Stadt nicht. Wir hatten viel Zeit und sind in jede noch so kleine Gasse gelaufen. In George Town treffen unzählige Kulturen aufeinander, was sich in den Straßen widerspiegelt. Die jungen Frauen mit Kopftuch wirken fröhlich, unbeschwert, weltoffen. Jetzt waren wir sicher, wir haben uns in dieses Fleckchen Erde verliebt!
Ebenso faszinierend wie die unterschiedlichen Gotteshäuser fanden wir die für George Town so bekannten Shop-Häuser. Die meisten der 5000 Gebäude in der rund 2,6 Quadratkilometer grossen historischen Altstadt sind sogenannte chinesische Shop-Häuser. Es handelt sich dabei um zweistöckige Häuser, die aus Holzbalken, Lehmziegeln und Kalkmörtel erbaut wurden. Im Erdgeschoss befindet sich oft ein Laden oder eine Werkstatt, oben der Wohnraum. Wir haben gelesen, dass viele dieser Häuser immer mehr von Investoren gekauft werden und sich nach der Restaurierung keiner mehr die Miete leisten kann. Wir konnten in vielen Straßen Shop-Häuser sehen, die dem Verfall überlassen werden, aber glücklicherweise konnten wir im Erdgeschoss noch einige traditionelle Handwerksbetrieb finden. Sehr schade, denn die alten Häuser verlieren auf diese Art ihren ganz besonderen Charme. Im Laufe der Zeit werden diese sicher durch Hotels oder Restaurants ersetzt, was das Stadtbild verändern wird.
Am nächsten Tag war unsere Neugierde groß. Wir wollten unbedingt auf Entdeckungstour, denn schließlich ist George Town bekannt für seine einzigartige Street Art. Wir durchkämmten jede Gasse und Straße danach und freuten uns wie Bolle, wenn wir fündig geworden waren. Im Netz findet man die unterschiedlichsten Hinweise auf Ort und Art der einzelnen Bilder, aber die Suche danach erwies sich trotzdem nicht immer als ganz einfach. Entweder waren sie sehr versteckt oder bereits in den letzten Jahren so verblasst, dass wir sie nicht mehr erkennen konnten. Oder wir sind stumpf daran vorbei gelaufen. Wie es sich für eine richtige Touristenstadt gehört, gibt es natürlich auch eine Straßenkarte, die die bekanntesten Bilder vermerkt. Wir wollten diese aber lieber selbst entdecken und auch mehr als die bekannten finden. Interessanterweise entdeckten wir die meisten Bilder, wenn wir nicht explizit danach gesucht hatten, also mehr zufällig im Vorbeigehen. Das war dann unsere größte Freude. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht und wir sind unglaublich begeistert von dieser ganz besonderen Kunst. Die Stadt wirkt dadurch sehr bunt und tolerant. Hier ist wirklich ganze Arbeit geleistet worden. Wir hatten schon viel über die Street Art in George Town gehört, aber nicht gedacht, dass diese wirklich so cool ist.
Hier nur eine kleine Auswahl von Street Art Bildern. Wenn ihr mehr sehen wollt, dann klickt auf unsere Extraseite Street Art George Town. Dort zeigen wir alle Bilder:-)
Ganz in der Nähe unseres Hotel befanden sich die sogenannten Jetties. Das sind auf Stelzen ins Wasser gebaute Dörfer, die für sieben chinesische Familien-Clans gebaut wurden und bis heute noch sechs Clans dort leben. Die Chinesen vermuteten damals schon, dass man in Georg Town Geld verdienen könnte und sie wussten, dass auf dem Wasser keine Steuern zu zahlen sind. Diese Regelung besteht bis heute. Einige von ihnen versuchen, vom Tourismus zu profitieren und verkaufen Souvenirs und Getränke oder führen ein Lokal. Insbesondere abends ist der Anblick auf einigen Jetties spektakulär. Aus schlichten Häusern wird ein bunt, kitschig beleuchtetes Phantasiedorf. Die Chinesen lieben Kitsch, bunte Lichterspiele und knallige Farben. Je krasser, desto besser.
Höchster Aussichtspunkt über die Stadt ist der bewaldete Penang Hill, den man mit einer Bahn erreicht. Wir wollten die Stadt gerne mal von oben sehen, also ließen wir uns von Grab zum Ausgangspunkt für die Fahrt nach oben bringen. Schnell ein Ticket gekauft und schon standen wir zwischen vielen munteren Chinesen in der Schlange und warteten auf die Zahnradbahn, die uns hinauf zum etwa 830 Meter hohen Berg brachte. Vom Gipfel hatten wir eine herrliche Aussicht auf George Town und die lange Brücke, die die Insel Penang mit dem Festland von Malaysia verbindet. Nachdem wir die schöne Aussicht genossen hatten, besuchten wir dort oben noch die kleine Moschee und einen kleinen bunten Hindutempel.
Schnell entdeckten wir ein Hawker-Center um die Ecke. Eigentlich lag der verführerische Food Court, ganz egal wohin es ging, immer auf dem Weg und so kehrten wir sehr häufig dort ein. Das Essen war super lecker und wie üblich für ein Hawker Center sehr preisgünstig. Am besten hat uns der Juice Stand gefallen. Dieser machte für uns unglaublich leckere Mango Smoothies und Mango Lassies, wenngleich wir bis heute nicht genau den Unterschied verstanden haben. Beides schmeckt sehr lecker!
Wie in jeder malaysischen Stadt war auch in George Town eine Shoppingmall vorhanden, die wir gerne mal besuchen wollten, um die To-Do-Liste abzuarbeiten und zu sehen, was George Town in Sachen Mode so zu bieten hat. Ganz oben auf der Liste standen Dinge wie Bikini, Sonnenbrille, T-Shirts. Wir ließen uns vom Grab zur Mall fahren, die nicht fußläufig erreichbar war. Außerhalb der Altstadt ist George Town eine moderne Stadt mit Wolkenkratzern und Einkaufszentren, die zum größten Teil am Wasser liegen. Einen Strand gibt es allerdings nicht, stattdessen eine große Baustelle, die vieles erahnen lässt. Nachdem ich meine Brille bei einer Wanderung durch die Mangroven auf den Togian Islands erst verloren und dann wiedergefunden hatte, war sie nicht mehr im besonders guten Zustand. Ich liebe Fielmann, aber günstige Produkte versprechen nicht gerade für eine lange Gebrauchsdauer. Nach einer sehr guten und intensiven Beratung, kaufte ich mir eine Sonnenbrille, die laut des Verkäufers, Qualität verspricht. Ich bin gespannt, wie lange sie mir einen treuen Dienst erweist. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
Am letzten Tag in George Town entdeckten wir ganz zufällig die Art Lane. Hierbei handelt es sich um eine Gasse, die zwei Kaufhäuser aus der Vorkriegszeit miteinander verbindet. Sie wurde zu Beginn 2018 eröffnet, um jungen Künstlern und Talenten eine Plattform zu bieten, auf der sie ihre Leidenschaft und ihr Können unter Beweis stellen können. Großartige Idee, wie wir finden.
Bei unseren Streifzügen durch die Stadt haben wir zwei Frauen getroffen, die auf Langkawi im benachbarten Guesthouse gewohnt, wir aber nicht gesprochen haben. Hier in George Town sind wir uns gleich zweimal zufällig über den Weg gelaufen. Das dritte Mal sollte nicht dem Zufall überlassen sein, so verabredeten wir uns für ein gemeinsames Abendessen. Wir hatten bei unserem Besuch der Jetties ein Thai-Restaurant entdeckt, das gut bewertet war und uns bei Regen ein Dach über den Kopf schenken würde. Wir hatten einen fantastischen Abend mit Corinne und Susanne. Das Essen war sehr lecker und das Bier so gut, dass der Wirt Nachschub holen musste, um die europäischen Mädels zufrieden zu stimmen. Wir haben viel gequatscht, viel gelacht und viel getrunken. Einfach großartig. Danke Corinne und Susanne für den tollen Abend. Ein absolut gelungener Abschied.
Nach vier wundervollen Tagen in George Town geht es nun mit dem Bus in die Cameron Highlands auf 1500 m Höhe. Wir sind sehr gespannt. Bye, bye George Town. Wir sehen uns sicher wieder.
Kommentar schreiben
Corinne (Samstag, 26 Oktober 2019 09:31)
Oh, ihr habt Georgetown genau so beschrieben wie ich es empfunden habe! Und auch unsere Begegnung! War ein wirklich schöner Abend! Ich werde euch weiter "verfolgen", euer Blog macht großen Spaß.